ALCHEMISTISCHE EMBLEMEÂ
Vom 19. bis 21. Februar fand an der Universität Wien die vom Institut für Klassische Philologie, Mittel- und Neulatein und vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung in Kooperation mit dem Zentrum für Informationsmodellierung der Universität Graz organisierte Tagung „Alchemische Labore. Praktiken, textliche und materielle Hinterlassenschaften“ statt (Organisationsteam: Patrick Fiska, Michael Fröstl, Elisabeth Klecker, Sarah Lang, Rudolf Werner Soukup; website https://alchemietagung.wordpress.com/). Auch wenn die Schwerpunkte bei Alchemie im höfischen Kontext/in der Kunstkammer sowie bei Chemiegeschichte und Laborfunden lagen, war Emblematik in mehrfacher Hinsicht präsent: Die Initiative zur Tagung war von Sarah Lang ausgegangen, die an einem Dissertationsprojekt zu Michael Maiers Symbola Aureae Mensae arbeitet („Approaches to an automated digital edition of alchemic texts“, https://dk-resonance.uni-graz.at/en/das-doktoratskolleg/affiliierte-doktorandinnen-und-doktoranden-der-igs/sarah-lang/ ); Michael Maier galt auch das von Donna Bilak vorgestellte Projekt „Furnace and Fugue: A Digital Edition of Michael Maier’s Atalanta fugiens (1618) with Scholarly Commentary“ (inzwischen online unter „Donna Bilak and dbilakpraxis.com (2012-2020)“: https://dbilakpraxis.com/project-atalanta/ )
Darüber hinaus konnte mit Unterstützung durch Heinz Winter speziell für die Tagung im Münzkabinett des Kunsthistorischen Museums Wien (https://www.khm.at/besuchen/sammlungen/muenzkabinett/ ) eine Vitrine mit Exemplaren aus dem reichen Bestand an Transmutationsmedaillen gestaltet werden, darunter emblematische wie die für Plakat und Folder verwendete Aurea progenies plumbo prognata parente („goldene Nachkommenschaft von Blei als Vater erzeugt“).Â
AUSTRIA EMBLEMATICA. Emblematik außerhalb des Buchs in Österreich
Aufbauend auf den Pionierarbeiten von Grete Lesky (1898-1982) wird derzeit ein Katalog „angewandter Emblematik“ mit fotografischer Dokumentation erarbeitet.
Aufgrund von Leskys genauer Erfassung der Emblematik im Bundesland Steiermark, v.a. im Raum um das Augustiner-Chorherrenstift Vorau, und ihrer Konzentration auf Freskenprogramme, schien es sinnvoll, einerseits den geographischen Schwerpunkt zu verlagern und andererseits eine größere Bandbreite an Techniken und Materialien zu berücksichtigen.
Der Fokus liegt also zunächst in Wien, Niederösterreich und im Burgenland, wo in jüngster Zeit durch Restaurierungen Außergewöhnliches wiederentdeckt werden konnte (Dürnkrut, Schlosskapelle mit Emblemen nach Hermann Hugo und Benedict van Haeften in Marouflage-Technik), durch Revitalisierungen zugänglich wurde (ehem. Prämonstratenser-Chorfrauen, später Chorherrenstift Pernegg bei Geras als „Fastenzentrum“ betrieben; St. Pölten, Seminarzentrum Schwaighof) und zum Teil auch durch rezente wissenschaftliche Arbeiten erschlossen ist (neben Dürnkrut das Sommerrefektorium des Zisterzienserstiftes Heiligenkreuz im Vergleich mit Neuberg an der Mürz; die Sommersakristei im Benediktinerstift Melk, s.u. die Bibliographie). Zum Teil wurde aber auch Bekanntes und leicht Zugängliches bisher nicht als Emblematik wahrgenommen (z.B. emblematische Medaillons an den Sarkophagen der Erzherzoginnen Eleonora Maria, Tochter Ferdinands III., Königin von Polen, Herzogin von Lothringen, †1697, und Maria Theresia, Tochter Leopolds I., †1696, in der Kaisergruft bei den Kapuzinern; ein lange als Durchgang dienender Sakristeiraum der ehemaligen Jesuitenkirche am Hof mit eucharistischen Emblemen nach dem Fronleichnamshymnus Lauda Sion des Thomas von Aquin). Neben (für Österreich) Singulärem wie der Kirche in Rattersdorf im Burgenland findet sich eine Art Emblem-Cluster im Einflussbereich der ehemaligen Kartause Gaming (Embleme in der Bibliothek der Kartause; im Gaminger Verwaltungszentrum Schloss Scheibbs; zum Teil emblematische Darstellungen nach der lauretanischen Litanei in der Marienkapelle der Pfarrkirche Scheibbs; emblematische Schützenscheiben im Scheibbser Schützenscheibenmuseum). Nicht selten konnten in Stuck realisierte Embleme gefunden werden (Adlerembleme im Kleinen Kaisersaal der ehemaligen Kartause Mauerbach; Bischofsstiege in St. Pölten); mehrfach handelt es sich um die bekannten Devisen der Habsburger (Refektorium des Franziskanerklosters Maria Lanzendorf; Kaisersaal des Zisterzienserstiftes Lilienfeld; Bürgermeisterzimmer des St. Pöltener Rathauses). Weit verbreitet in ganz Österreich sind emblematische Schießscheiben (Bestände abgesehen von Scheibbs und Purgstall in Enns https://www.ooemuseen.at/museum/7-altes-schuetzenhaus und St. Veit an der Glan https://www.museum-stveit.at/). Aufgenommen werden sollen auch Randgebiete wie Wappendevisen, (Sonnen)Uhren mit (meist lateinischen) Sprüchen, sowie emblemartig (in Medaillons) gestaltete Zyklen nach der lauretanischen Litanei, selbst wenn sie ohne Beischrift auskommen (ein Zyklus neben vier Emblemen in der Pfarr- und Wallfahrtskirche Mariä Opferung Frauenberg bei Admont / Steiermark) oder wenn eucharistische Symbole in derartiger Form präsentiert werden (Pfarrkirche hl. Nikolaus und hl. Urban in Obermarkersdorf im Weinviertel).
Vorläufige Bibliographie (Wien, Niederösterreich, Burgenland)
Eine systematische Recherche gestaltet sich schwierig, da weder die (alten) Bände der Österreichischen Kunsttopographie noch der Dehio (Die Kunstdenkmäler Österreichs: Verlag Berger https://www.verlag-berger.at/?listview&link=0202000 ) Embleme als eigene Kategorie verindizieren. Vor einer Präsentation im Internet in Gestalt einer interaktiven Karte müssen bei Innenräumen die rechtlichen Fragen geklärt werden.
Listen von „Fundorten“
Grete Lesky, Barocke Embleme in Vorau und anderen Stiften Österreichs. Graz 1962Â
Grete Lesky, Barocke Embleme der Chorherrenkirche in Ranshofen. Jahrbuch des Stiftes Klosterneuburg NF 6 (1966), 179-219.
Wien
Bezirk (Innere Stadt): Altes Rathaus
https://www.bezirksmuseum.at/de/bezirksmuseum_1/bezirksmuseum/altes_rathaus/
Hanns Jäger-Sustenau, Embleme und Wappen als Deckenschmuck. Wiener Geschichtsblätter 27 (1972), 476-490.Â
Bezirk (Innere Stadt): Kapuzinergruft, SarkophageÂ
Taphographia principum Austriae. in qua marchionum, ducum, archiducumque Austriae, utriusque sexus, monumenta funerea […] proferuntur; post mortem Marquardi Herrgott ad haec usque tempora deduxit Martinus Gerbertus. Sankt Blasien 1772 (Monumenta domus Austriacae 4).
Magdalena, Hawlik-van de Water, Die Kapuzinergruft. Begräbnisstätte der Habsburger in Wien. Freiburg im Breisgau / Wien 21993.
Veronika Rücker, Die Grabinschriften der Hohenzollern. Edition, Übersetzung und Kommentar. Hildesheim 2009 (Spolia Berolinensia 39).
Coelestin Wolfsgruber, Die Kaisergruft bei den Kapuzinern. Wien 1887.
Bezirk (Innere Stadt): Kirche am Hof/ Zu den neun Chören der Engel, ehem. Sakristei
Bezirk (Landstraße): St. Rochus und St. Sebastian, Sommersakristei
http://www.rochuskirche.at/pfarre/pfarre/unsere-kirche/
NiederösterreichÂ
Dürnkrut: Schloss Dürnkrut, Schlosskapelle
https://www.duernkrut.gv.at/app.php/schlossmuseum-herbert-preisl.html
Michelle Weiss, Die Gemälde der Schlosskapelle Dürnkrut. Marienkrönung, Altar und Embleme. Horn 2016.
Gaming: ehem. Kartause Gaming, Bibliothek
https://www.kartause-gaming.at/Â
Walter Hildebrand, Kartause Gaming. Gaming / Tribuswinkel 1991.
Heiligenkreuz: Zisterzienserstift Heiligenkreuz, Refektorium
https://www.stift-heiligenkreuz.org/
Barbara Taubinger, Das Refektorium im ehemaligen Zisterzienserstift Neuberg an der Mürz – Studien zur barocken Freskenausstattung. Wien 2010 http://othes.univie.ac.at/8854/1/2010-02-21_0402912.pdf
Klosterneuburg: Augustiner Chorherrenstift Klosterneuburg, Kaiserzimmer
https://www.stift-klosterneuburg.at/
Huberta Weigl, Die Kaiserzimmer im Stift Klosterneuburg. Programm und Ausstattung der Gemächer von Karl VI. und Elisabeth Christine. Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 51 (1998), 115-144.
Lilienfeld: Zisterzienserstift Lilienfeld, Kaisersaal
https://www.lilienfeld.at/Zisterzienserstift_Lilienfeld
Pius Maurer / Irene Rabl / Harald Schmid (Hgg.), Campililiensia. Geschichte, Kunst und Kultur des Zisterzienserstiftes Lilienfeld. Stift Lilienfeld 2015
de Porta (Wilhelm Wichmann), Die Devisen und Motto der Habsburger. Wien 1887
Maria Lanzendorf: Franziskanerkloster, Refektorium
https://www.maria-frieden.at/de/maria-lanzendorf/
Mauerbach: ehem. Kartause Mauerbach, Kleiner Kaisersaal
https://bda.gv.at/ueber-uns/fachbereich/baudenkmalpflege-kartause-mauerbach/
Melk: Benediktinerstift Melk, Sommersakristei
Julia Gierse, Bildprogramme barocker Klostersakristeien in Österreich. Marburg 2010, 392-414.
Werner Telesko, Kosmos Barock. Wien 2012.
Obermarkersdorf: Pfarrkirche hl. Nikolaus und Urban
http://www.schrattenthal.at/Kirche_Obermarkersdorf_1
Pernegg: Kloster Pernegg, ehem. Prämonstratenser Chorfrauen/Chorherrenkloster, Refektorium und Kapelle
https://www.klosterpernegg.at/
Ralph Andraschek-Holzer, Aspekte der Spiritualität im ehemaligen Prämonstratenser-Chorfrauenkloster Pernegg. Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 109 (2001), 173-180.
Iris Ferderbar, Die Geschichte der Doppelklöster, des Prämonstratenserordens und der Stiftung Geras-Pernegg. Wien: Diplomarbeit 2012
Isfried Franz, Geschichte der Waldviertler Klosterstiftung Geras-Pernegg. Geras 1947.
Iris Winkelbauer, Studien zum ehemaligen Prämonstratenser(-innen)kloster Pernegg im Waldviertel (Niederösterreich). Wien: Diplomarbeit 2013.Â
Purgstall: Schützenscheiben im Museum im Ledererhaus
https://www.purgstall-erlauf.gv.at/Tourismus/Museen/Museum_im_Ledererhaus
Retz: Dominikanerkloster, Bibliothek
https://www.retz.gv.at/de/Tourismus_und_Freizeit/Geschichte/Dominikanerkirche_und_Kloster
St. Andrä an der Traisen: ehem. Augustiner Chorherrenstift, Annenkapelle
http://kulturgueter.kath-orden.at/augustiner-chorherrenkloster-st-andrae-der-traisen
Christine Oppitz / Ilse Schütz, St. Andrä an der Traisen. In: Floridus Röhrig (Hg.), Die ehemaligen Stifte der Augustiner-Chorherren in Österreich und Südtirol. Klosterneuburg 2005 (Österreichisches Chorherrenbuch), 399-430.
St. Pölten: Bistumsgebäude, BischofsstiegeÂ
https://www.dsp.at/dioezese/hl-hippolyt-und-st-poelten
Thomas Karl / Herbert Karner / Johann Kronbichler / Thomas Pulle, Die Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten und ihrer eingemeindeten Ortschaften. Horn 1999 (Österreichische Kunsttopographie 54)
St. Pölten: Rathaus, Bürgermeisterzimmer (ehem. Ratssaal)
Thomas Karl / Herbert Karner / Johann Kronbichler / Thomas Pulle, Die Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten und ihrer eingemeindeten Ortschaften. Horn 1999 (Österreichische Kunsttopographie 54)
St. Pölten: Seminarzentrum Schwaighof
Thomas Karl / Herbert Karner / Johann Kronbichler / Thomas Pulle, Die Kunstdenkmäler der Stadt St. Pölten und ihrer eingemeindeten Ortschaften. Horn 1999 (Österreichische Kunsttopographie 54)
Scheibbs: Schloss Scheibbs
https://www.tourismus.scheibbs.gv.at/
Scheibbs: Schützenscheibenmuseum
https://scheibbs.gv.at/tourismus-freizeit-und-kultur/schuetzenscheibenmuseum/
https://www.tourismus.scheibbs.gv.at/die-schuetzen
Scheibbs: Stadtpfarrkirche Scheibbs, Marienkapelle
http://www.pfarre-scheibbs.at/html/die_pfarrkirche.html
Karl Hasengst, Kirchenführer Pfarrkirche Scheibbs. Scheibbs 22018.Â
Elisabeth Kraus-Kassegg, Pfarrgeschichte der Stadtpfarrgemeinde zur Hl. Maria Magdalena in Scheibbs. St. Pölten 1960.Â
Stein: Pfarrhof
http://pfarre.kirche.at/steinanderdonau/
Burgenland
Rattersdorf: Wallfahrtskirche Mariae Geburt und Heimsuchung
https://www.martinus.at/rattersdorf
Elfriede Grabner, Die Bilderwand zu Rattersdorf. Zu einem ikonographischen Programm einer burgenländischen Wallfahrt. Eisenstadt 1972 (Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 50).
Elfriede Grabner, Das mariologische Programm der Wallfahrtskirche zu Rattersdorf. Burgenländische Heimatblätter 38 (1975), 75-90. https://www.zobodat.at/publikation_articles.php?id=252288
Elfriede Grabner, Marianische Emblematik als „Programm“ am Beispiel einer burgenländischen Wallfahrt. In: Mater Gratiarum. Marianische Kultbilder in der Volksfrömmigkeit des Ostalpenraums. Wien / Köln / Weimar 2002, 104-118.